Cynthia Rothrock, die Martial-Arts-Legende

Letzte Woche habe ich Cynthia Rothrock getroffen: Zum zweiten Mal in meinem Leben.  Wer sich ein bisschen mit Kampfsport und der dazu gehörigen Martial-Arts-Pop-Kultur beschäftigt, der kennt Cynthia: Sie ist eine Legende. Fünffache Karateweltmeisterin, Trägerin von fünf schwarzen Gürteln, Schauspielerin. Sie spielte unter anderem die weibliche Hauptfigur in „Karate Tiger 2“, ist das Vorbild für Sonya Blade im Videospiel „Mortal Kombat“ und hat schon gegen praktisch jeden gekämpft – sei es nun Jean-Claude van Damme oder Jackie Chan.

Durch meine erste Begegnung mit Cynthia im letzten Jahr haben sich für mich Kontakte in eine kleine Kampfsport-Community ergeben, die ich absolut schätze: Gute Freundschaften haben sich damit entwickelt. Zum einen mit Thomas Kock, Kampfsport-Koryphäe aus Hannoversch Münden und derjenige, der Cynthia im letzten Jahr zu Trainings in seine Kampfsportschule und mich zum Berichten einlud; die beiden sind mittlerweile dick befreundet. Im letzten Jahr hatte ich für Philibuster völlig euphorisch über meinen Besuch dort geschrieben; ich weiß noch, voller positiver Eindrücke fuhr ich damals von diesem Event nach Hause. Ich saß damals in der Bahn nach Hause und überlegte, was mir diese Kampfsportszene so unfassbar sympathisch machte: Die geerdeten Gemüter der Sportler_innen? Diese Uneitelkeit auf dem Trainingsfeld, da es nur die um sportliche Leistung geht? Die Begegnung mit der absolut bescheiden gebliebenen Cynthia Rothrock?

Heute weiß ich: Es war nicht nur der Sport und der Spirit an sich, der mich faszinierte, sondern das, was die Leute daraus machten. Kampfsport ist bis heute eine weitestgehend männliche Domäne: Thomas Kocks Team ist da eine der absolut angenehmen Ausnahmen. Im letzten Jahr sah ich Frauen und Männer in etwa gleicher Anzahl in Thomas Sportschule mit Cynthia trainieren, sein Team setzt sich ebenfalls auch ausgewogen aus Trainerinnen und Trainern zusammen. Keine Anzüglichkeiten, keine sexistischen Atmosphäre, nichts davon: Sehr wohltuend. Dazu Cynthia, die sich vor Jahrzehnten als einer der ersten Frauen in der Kampfsportszene Amerikas tummelte und als erste Frau überhaupt die amerikanische Martials-Arts-Industrie enterte – trotz massiver Vorbehalte und Vorurteile.

Dieses Jahr organisierte der angehende Schauspieler und Kampfsportler Dirk Raven in Osnabrück eines der Cynthia-Seminare, und für mich war natürlich direkt klar als Dirk einlud: Hinfahren. Dieses Mal hatte ich dabei auch eine kleine Mail im Hinterkopf, die das Mädchenmannschaft-Team knapp eine Woche vorher erhalten hatte: Missmotz hatte darin mit Verweis auf das größte Kampfsport-Forum im Netz und eine dort laufende Diskussion darauf hingewiesen, dass im Kampfsport immer noch klassisches „Mann/Frau-Rollen-Schema-Denken“ kultiviert wird.

In der Diskussion ging es vordergründig um eine Fotostrecke eines Shops für Kampfsport-Bedarf, in der Frauen in sexy Posen für Kampfsportkleidung werben – wobei nicht alle der Trainingskluften wirklich zweckmäßig aussahen, aber nun ja. Wirklich interessant waren dann nämlich die Kommentare im Kampfsport-Forum, die einem wirklich – wie Missmotz formvollendet ausdrückte – zum Teil mit den Ohren schlackern ließen.

Dementsprechend nachdenkend fuhr ich also letzte Woche nach Osnabrück, dieses Mal mit meiner Freundin Caro im Gepäck, die Fotografin ist. Wir waren natürlich aufgekratzt wie verrückt und freuten uns wie Schulkinder auf das Treffen mit Cynthia: Hundert mal die „Raging Thunder“-Theme in der Schleife hatte die Wirkung nicht verfehlt. Und dann kam es… Genauso wie im letzten Jahr in Hannoversch Münden: Auch Dirk Raven hatte es als Organisator geschafft, eine ausgewogene Zahl von Frauen und Männern für das Training zu begeistern. Sport auf Augenhöhe, ohne Anzüglichkeiten, allein die Kampfkunst im Vordergrund: Mensch kann gar nicht sagen, wie sehr es genau diese Atmosphäre ist, die einen absolut zufrieden dabei sein lässt. Auch Thomas war mit seinem Team aus Hannoversch Münden angereist, unter anderem seine Vorzeige-Sportlerin Nadja Pister im Gepäck, die mich schon im letzten Jahr durch ihre Skills und Bewegungskünste tief beeindruckte. Und was Dirk betrifft muss ich einfach nochmal festhalten: Absolut ein Mensch von der Sorte, der absolut nichts auf Star- oder Macker-Gehabe gibt, sondern straight das durchzieht, was ihm wichtig ist. Und wahrscheinlich ist es auch das, worauf es ankommt.

Caro und ich guckten beim Training zu und verbrachten dann noch den Abend mit der Kampfsporttruppe: Selbstredend ein unvergessliches Erlebnis. Wieder unterhielten wir uns mit Cynthia über ihre Kampfsport-Anfänge: „Total lustig“, sagte sie. „Da hatte ich dann die Trainings und war damals die einzige Frau in der Halle. So war das damals!“ Und sie lächelt, aber wir können ein kleines bisschen nachempfinden, wie hart es damals gewesen sein muss sich in dieser Szene zu beweisen.

Und am Ende denke ich mir: Die Personen, die mehr oder weniger unintendiert dazu beitragen, dass klassische Männer-Frauen-Stereotype aufgesplittert werden, sind einfach unfassbar wichtig. Cynthia, die sich in der internationalen Martial-Arts-Szene durchgekämpft hat und damit den Weg für viele Frauen geebnet hat. Leute wie Dirk oder Thomas oder Nadja, die es – wie auch immer – jeden Tag schaffen, im Sport stereotype Geschlechterklischees eben nicht zu bedienen und im Team einen guten Spirit zu pflegen.

Und was die Kampfsport-Forum-Diskussion betrifft: Da zeigen wir jetzt einfach mal hier, wie die Chefin Rothrock trainiert. Nämlich ganz klassisch, im Karate-Anzug. Die Fotos hat übrigens alle meine wunderbare Freundin Carolin Wessel geschossen. Siehe: Oben.

15 Kommentare zu „Cynthia Rothrock, die Martial-Arts-Legende

  1. Es gab eine Folge der Reihe „Durch die Nacht mit…“ mit Richard Norton und Cynthia Rothrock. Sehr sehenswert, auch die Unverbrauchtheit von Canthia, die sich trotz ihrer langen Zeit beim Film und Kampfsport noch richtig begeistern kann.

    Kann ich nur ans Herz legen.

    Leider weiß ich nicht, wie man da rankommt, ob es im Netz verfügbar ist oder so.

  2. weils grad so gut passt:

    wenn ihr lust habt in entspannter atmosphäre, mit sehr netten und unglaublich guten trainerinnen mit feministischem hintergrund, in gruppen nur mit frauen* thai- und/ oder kickboxen in berlin zu machen, guckt mal hier: http://www.lowkick-berlin.de

  3. Danke für den schönen Beitrag über eine Frau, die in der Männerdomäne absolut auf gleicher Augenhöhe ist. Scheint sehr sympathisch zu sein.

  4. Ui, da bin ich jetzt mal ganz schön spät dran.

    Vielen Dank für den Artikel und das Du das Thema mit der Geschlechter-Problematik im Kampfsport nochmal aufgegriffen hast. Find ich cool, dass Du Dich auch für Kampfkunst begeisterst. Das „Durch die Nacht mit Cynthia“ hab ich damals auch gesehn und war sehr begeistert von ihr. Ist bestimmt super, sie mal persönlich kennenzulernen und etwas ganz Besonderes.

    Eine Anmerkungen hät ich noch zu dem Kommentar von marisa:

    Klar ist es auf den ersten Blick eine gute Sache, wenn es Kampfkunst-Schulen nur für Frauen gibt. Wenn ein Mädel schüchtern ist oder vielleicht sogar einmal Opfer von Gewalt und/oder sexuellen Übergriffen war, dann würde ich in jedem Fall dazu raten und finde es gut, dass es solche Schulen gibt.
    Insgesamt kann ich mich allerdings nicht für den Gedanken erwärmen, dass beim Kampfsport (oder auch in anderen Dingen) für Frauen eine Extra-Wurst gebraten werden muss/soll. Sollte es im Optimal-Fall nicht so sein, dass alle mit Respekt miteinander trainieren können, egal welches Geschlecht (Hautfarbe, Körpergröße….) sie haben. Meiner Erfahrung nach ist diese Sonderbehandlung Frauen gegenüber absolut nicht notwendig. Und durch solche Frauen-Angebote (und auch das Teilnehmen daran) wird die Situation ja auch nicht besser, denn mMn. wird dadurch lediglich suggeriert, dass wir eine Sonderbehandlung nötig haben. Und dies ist nicht einfach nicht so.

    Ich habe jetzt schon ein paar Kampfsportschulen besucht und die Erfahrungen waren eigentlich immer gleich. Man kommt rein und alle denken: Ah, ein Mädchen…toll….mit der kann ich nix anfangen, die darf ich nicht anfassen, die kann sich nicht wehren, weil klein und insgesamt, wat will die überhaupt hier. Meistens braucht es dann ein bis zwei Trainingseinheiten, um klarzustellen, dass die kleine Blonde dann aber doch ein ernstzunehmender Gegner werden könnte und alles ist ok. Meiner Ansicht nach, würden die Jungs in den Gyms die anfängliche Denke auch besser ablegen können, wenn einfach öfter diese Situation aufkommen würde. Dies geschieht natürlich nicht, wenn die Mädels sich nicht trauen und in ihr frauengerechtes Training gehn. In gewisser Weise machen sie sich damit zum Opfer des Klischees und nichts wird sich je in den Köpfen der Menschen ändern, egal ob männlich oder weiblich, denn der Stereotyp, von dem ich gesprochen habe, herrscht sehr stark auf beiden Seiten vor. Frau denkt, sie ist schwach, Mann denkt das auch.

    Öff….das war jetzt länger als gewollt. Hoffe, nicht zu verwirrt.

  5. @missmotz: Ja, wäre super, wenn immer alle Respekt bekommen würden. Aber wie Du selbst sagst, gibt es viele Frauen und Mädchen, die bereits Opfer von (männlicher) Gewalt geworden sind oder die sich erstmal nicht trauen, mit Männern zu trainieren. Die erstmal die Sicherheit finden müssen, die ein, zwei Trainingseinheiten in einem gemischten Raum als „das Mädchen“ zu überstehen. Gäbe es gar keine Schutzräume (oder „Extra-Dinger“), dann hätten sie auch gar keine Möglichkeit teilzunehmen.

  6. @Helga Klar, wie schon erwähnt, mag ein Training extra für Frauen in gewissen Fällen seine Daseinsberechtigung haben und ich denke, hier sind wir uns einig.
    Generell sehe ich aber dieses „Wir bringen jetzt den Mädchen mal Sachen extra bei“ – Zeug eher kritisch, weil es meiner Ansicht nach überhaupt nix bringt und das Rollen-Denken nur verstärkt.

    Anderes Beispiel: Ich habe Informatik studiert und an meiner Hochschule gab es neben den normalen Informatik-Studiengängen noch Einen extra NUR für Frauen. Die Mädels, die den Studiengang belegt haben wurden von niemandem ernst genommen und die Extra-Wurst hat das Klischee „Die Mädchen müssen’s nochmal extra erklärt bekommen“ meines Erachtens eklatant verstärkt. Zudem war die Art der Lehre dort auch wirklich anders als in den gemischten Studiengängen (und diese Art Studiengänge gibt es zu Genüge in Deutschland). Und was ist dann in der richtigen Welt???? Da verlangt man dann später im Job und allen Lebensbereichen eine Gleichberechtigung und auf keinen Fall eine Sonderbehandlung, weil man eine Frau ist!

    Natürlich hat man in einem Studium keinen engen Körperkontakt, weswegen der Vergleich an manchen Stellen ein wenig hinkt. Aber insgesamt sehe ich da schon ein paar Parallelen und ich denke, es wird klar, worauf ich hinaus will.

    Was beim Kampfsport-Training noch erschwerend hinzukommt ist, dass viele Frauen dies aus Selbstverteidigungs-Gründen lernen und, wie überraschend, die Täter ja dann doch eher Männer sind. Wie ich finde ist ein SV-Training nur mit Frauen deswegen auch um einiges weniger effektiv, alleine schon aus psychologischen Aspekten….

  7. @ missmotz:

    Das hat nichts mit „extra-beibringen“ zu tun, sondern damit, dass die Kampfrealität von Frauen und Männern (oder Mädchen und Jungen) unterschiedlich ist. Meine Wing-Tsun-Trainerin könnte es wahrscheinlich besser erklären, aber ich versuchs mal: je nachdem, ob dein Opfer männlich oder weiblich ist, werden andere Angriffe benutzt. Beispiel: eine Frau wird eher zuerst angegrabbelt (im Wing Tsun wird daher Wert darauf gelegt, dass man sich nicht zu fassen bekommen lässt), ein Mann bekommt meisten gleich mit viel Kraft eine aufs Maul. Meine Trainerin hat erzählt, dass auf Lehrgängen dann meistens sehr stark das Traning auf die Kampfrealität der Männer abgestimmt ist, und die weiblichen Trainer erst mal darauf hinweisen müssen, dass sie andere Erfahrungen gemacht haben.
    Zudem fallen die dummen Sprüche, mit denen es ja meistens anfängt, auch je nach Geschlecht anders aus.
    Dein Beispiel mit dem Informatik-Kurs zeigt eigentlich nur die typische hegemoniale „Mädchensachen-sind-weniger-wert“-Einstellung, du solidariserst dich mit den Kritikern, anstatt diese sexistische Einstellung zu kritisieren (mal abgesehen davon, dass ich bei sowas eine Geschlechtertrennung auch für hahnebüchen halte).

  8. @missmotz: Informatik ist da ein schönes Beispiel, das wir gerade an anderer Stelle hatten http://maedchenmannschaft.net/wenn-browser-frauen-waren-sexismus-im-informatikunterricht/ – sowas musste ich zum Glück nicht erleben. Aber wenn der x. Dir erzählt, dass Du für eine angehende Ingenieurin ja viel zu gut aussiehst und Du Dich wiederholt fragst, was nun eigentlich Dein Aussehen mit Deinem Studiengang zu tun hat… Oder Kommilitonen irgendwann „Jungs“-Abende machen und Du als einziges Mädel nicht mit darfst oder …Das sind jetzt nur einzelne Beispiele, auf denen weiter rumzuhacken keinen Sinn macht. Dahinter steht aber die gesamte Einstellung. Die ich als einzelne Studentin eh nicht ändern konnte. Da kann ich jede Frau verstehen, die sich das auf Dauer nicht antun möchte.

    Mir ist auch nicht ganz klar, was an den Inhalten im Frauenstudiengang anders gewesen sein soll. Weniger sexistische Witze? Andere Heransgehensweisen? Mädchen werden leider oft viel weniger zum Umgang mit Computern als Kinder ermutigt und haben dann im Studium einen anderen Zugang -> http://sideglance.melan-chol-ie.de/2010/07/29/barrieren-serie-nr-3-aufwachsen-mit-oder-ohne-computer/
    Wenn ich das recht verstanden habe, sind Informatikstudiengänge für Frauen nicht als Light-Studiengänge geplant, sondern am Ende sollten sie gleich qualifiziert sein.

  9. @Lisa
    Ja, da hat Deine Trainerin auch recht. Auf Lehrgängen ist es meistens so, dass ein 1,90m großer Typ vorne steht und erzählt, wie man sich verteidigen soll.
    Das ist natürlich für mich, als 1,65m Frau nicht besonders glaubwürdig und zutreffend. Meine Strategie ist, mir aus den Lehrgängen die für mich funktionierenden Techniken raus zusuchen
    und/oder Techniken so abzuändern, dass sie für mich passen. Dazu muss man aber wahrscheinlich eine gewisse Erfahrung haben. Wenn ich die Techniken aber üben
    möchte, dann halte ich einen Mann als Angreifer als fast unverzichtbar, denn die meisten Mädels können einen halbwegs realistischen SV-Angriff einfach nicht in
    der Form simulieren, dass es der Realität annähernd entspricht (ich rede hier rein von Technik und nicht von Psychologie und Selbstbehauptung in SV-Situationen). Darum finde
    ich rein weibliches SV-Training auch nicht so sinnvoll, wie ein Gemischtes, wo wirklich mal jeder Angriffstyp vor mir steht….aber wahrscheinlich auch Geschmack-, Typ- und Einstellungssache.

    @all
    Zum Frauen-Informatik-Studiengang: Zunächst kritisiere ich die Extra-Wurst, die Frauen dort
    und in anderen Lebensbereichen entgegen gebracht wird aus der Intension heraus: Frauen brauchen das, damit sie klar kommen. Nein, brauchen sie nicht, denn
    ich und meine wenigen Studien-Kolleginen haben es ja auch auf die Reihe gekriegt. Und das Aufbrechen von Männerdomänen wird, meines Erachtens, auch nicht
    dadurch erreicht, dass für Frauen eine parallele Welt geschaffen wird, in der sie unter sich sind. Das empfinde ICH als extrem diskriminierend.

    Zudem kritisiere ich die Frauen, die das Angebot tatsächlich ernsthaft annehmen, denn sie bestätigen damit ja, dass es wirklich nötig ist. Sorry, aber das kann ich echt nicht
    ernst nehmen. Und ich glaube, dass meintest Du mit: Du solidarisierst Dich mit den Kritikern. Ja, in gewisser Weise auf jeden Fall. Denn jeder ist für sich
    selbst verantwortlich und ich kann mich nicht mit vollem Bewußtsein in ein diskriminierendes System einfügen und mich dann beschweren, dass ich diskriminiert werde.

    Natürlich finde ich die sexistische Einstellung nicht toll. Aber die Schuld daran nur bei denen zu suchen, die die Einstellung haben, halte ich für falsch.
    Denn die Einstellung wird, mMn, ja geradezu provoziert von, einerseits dem angebotenen System UND andererseits den Frauen, die da mitmachen und es dadurch ja unterstützen und bestätigen.

    Finds schwierig, dass gerade so aufzuschreiben, wie ich es genau meine und ich befürchte, dass ich mir, wahrscheinlich basierend auf einigen Mißverständnissen, gerade nicht unbedingt Freunde mache :D.
    Hehe…wäre wahrscheinlich eine wunderbare reale Diskussion…

  10. @missmotz:
    Jede kann über Women-only-Angebote und die Entscheidung, daran teilzunehmen oder nicht, natürlich aus unterschiedlichen Perspektiven nachdenken, und wenn du für dich persönlich solche Räume und Angebote nicht möchtest/benötigst/hilfreich findest, ist das völlig ok.

    Aber:

    Denn jeder ist für sich selbst verantwortlich und ich kann mich nicht mit vollem Bewußtsein in ein diskriminierendes System einfügen und mich dann beschweren, dass ich diskriminiert werde.

    Warum nicht? Diskriminierung ist – sorry – beschissene Gewalt, warum in aller Welt soll ich mich darüber nicht „beschweren“? Diskriminierung ist der gesellschaftliche Normalzustand, klar – aber ist es deshalb gut, so wie es ist und nicht änderungsbedürftig? Außerdem ist diese Aussage total perfide Schuldumkehr – es gibt ja nunmal leider kein nichtdiskriminierendes System, in das ich mich stattdessen „einfügen“ könnte. Ich habe nur diese Welt und dieses „System“, darf aber nicht über die Regeln, die dort gelten sollen, mitbestimmen? Puh.
    Ich finde auch nicht, dass jede_r (ausschließlich und komplett) für sich selbst verantwortlich ist. Sicher hast du in sofern Recht, als dass letztendlich ja immer alles, was passiert, auf einer indivduellen Handlung einer indivduellen Person beruht, aber gesamtgesellschaftlich tragen ALLE Verantwortung dafür, dass nicht diskriminiert wird – weder im Studium noch im Sport oder sonstwo. Und zwar besonders jene, die nicht betroffen sind oder sich nicht betroffen fühlen und daher in einer ganz anderen Position sind als die Betroffenen selbst.

    Natürlich finde ich die sexistische Einstellung nicht toll. Aber die Schuld daran nur bei denen zu suchen, die die Einstellung haben, halte ich für falsch.

    Ja, bei wem denn sonst?! Nochmal: Ich finde das in höchstem Maße problematisch, hier den Betroffenen von Diskriminierung (und darüber reden wir hier ja gerade: über Frauen, die in einem männlich-hegemonialen Zusammenhang strukturell benachteiligt werden) Schuld an dieser Diskriminierung zuzuweisen. Es gibt unterschiedliche Strategien, mit Diskriminierung umzugehen, je nach beteiligten Personen, Kontext, Tagesform, zur Verfügung stehenden Mitteln etc. pp. – dazu kann auch gehören, sich für eine zeitlang oder für bestimmte Aktivitäten einen geschützten Raum zu suchen. Zu sagen „Wenn du dich der Diskriminierung (zeitweise) entziehst, bist du mitschuldig an ihrem Fortbestehen, weil du ja durch dein positives Beispiel zeigen könntest, dass diese Diskriminierung nicht gerechtfertigt ist“, macht mich unglaublich wütend, weil daraus für mich die Haltung spricht, dass Frauen im Grunde Diskriminierung verdienen würden, weil sie ja angeblich nie beweisen, dass sie in Wirklichkeit auch was können (als ob sie das nicht seit jeher täten – es wird nur immer wieder geleugnet, ignoriert, abgewertet)…

  11. @missmotz: Ich verstehe Deine Frustration, ich hab auch mal gedacht, Diskriminierung läge an den Frauen, die nur mal in die Hufe kommen müssten, sich mehr rauswagen, die Welt verändern.
    Inzwischen bin ich unendlich dankbar für jeden Schutzraum den ich finde. Denn ich kann nicht 24/7 die Welt retten. Ich kann nicht jeden Tag überall Sexismus bekämpfen. Ich kann nicht immer wieder und wieder die gleichen Debatte führen. Ich möchte auch mal einfach nur arbeiten, einfach nur mit Freunden reden und einfach Spaß haben. Ohne sexistische Poster, Sprüche oder Diskussionen. Natürlich ist auch in Schutzräumen nicht alles supi. Auch dort gibt es Konflikte – aber eben nicht den x. „Frauen können das halt nicht“-Kommentar und hoffentlich auch keine Bewertung meiner Figur oder rassistische Witze.

    Manchmal möchte ich einfach ein Mensch sein. Und das geht leider bis heute nur in geschützten Räumen, in denen explizite Regeln gelten.

  12. Natürlich finde ich die sexistische Einstellung nicht toll. Aber die Schuld daran nur bei denen zu suchen, die die Einstellung haben, halte ich für falsch.
    Denn die Einstellung wird, mMn, ja geradezu provoziert von, einerseits dem angebotenen System UND andererseits den Frauen, die da mitmachen und es dadurch ja unterstützen und bestätigen.

    Nein wie schlimm, wenn die angebotenen Schutzräume auch genutzt werden! /sarkasmus
    Tut mir leid, aber das ist die gleiche sexistische „Argumentation“ wie bei den Vergwaltigungsmythen („Selbst Schuld, wenn du so rumläufst!“).
    Ansonsten stimme ich auch Helga zu.

  13. Zum Thema…wie passend!? http://www.zeit.de/studium/uni-leben/2011-11/frauenstudiengang-berlin

    Sorry, ich werde wohl die Diskussion abbrechen müssen, denn ich glaube nicht, dass wir in dieser Form hier besonders weiterkommen. Hoffe, das klingt jetzt nicht Feige, aber deutlich erläutern, was ich meine, ohne das ihr danach direkt über mich herfallt, ich sei sexistisch und diskriminierend, bekomm ich anscheinend gerade nicht hin. Zudem muss ich zwischendrin auch mal was arbeiten :D.

    Vielen Dank aber für die Diskussion und die Antworten. Freue mich schon aufs nächste mal.

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